Hausärzteverband Oberbergischer Kreis
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Die elektronische Gesundheitskarte und die damit verbundenen Funktionen

Die Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen: Die geplante Vernetzung

Bereits 2006 sollte die Telematikinfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen alle Gesundheitseinrichtungen vernetzen mit gesepicherten elektronischen Rezepten, elektronischen Patientenakten und anderen "Mehrwertdiensten". Die frühere Gésundheitsministerin U.Schmidt bezeichnete dieses 2004 auf den Weg gebrachte Projekt "das größte weltweite IT-Projekt". 8 Jahre später haben die Versicherten zu 95% eine Versichertenkarte mit Bild und eingebautem Mikroprozessor für spätere noch zu testende Anwendungen und die Arztpraxen und Krankenhäuser Lesegeräte für diese Karten, die zu einem späteren Zeitpunkt als eHealth-Terminals via Konnektoren die Gesundheitseinrichtungen an das internetbasierte Netzwerk anschließen sollen zum Datenaustausch und Speicherung von Gesundheitsdaten auf zentralen Servern.

 

Gegen die verpflichtende online-Anbindung von Arztpraxen und die zentrale Speicherung von Patientendaten, auch wenn diese verschlüsselt sind, gab und gibt es vielfältigen und mehrheitlichen Protest der Ärzteschaft, der sich in Beschlüssen des Deutschen Ärztetages, von Kassenärztlichen Vereinigungen,Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Berufsverbänden niederschlug. Die grundsätzlichen Bedenken und Kritikpunkte ergeben sich aus der Sorge um den Datenschutz für sensible Patientendaten und den möglichen Mißbrauch,

 

Die gesetzliche Grundlage für die elektronische Gesundheitskarte bilden die Paragraphen 291 und 291a und 291b des SGB V. Den gesetzlichen Auftrag zur Umsetzung hat die gematik.

 

Auf der Gegenseite organisiert sich der Widerstand gegen die eGK von Bürger- und Patienteninitiativen im Bündnis "Stoppt-die-eCard".

Ebenfalls vielfältige Initiativen erfolgen durch das "Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.". Hier eine Stellungnahme des Juristen Wolfgang Lindner, bis 2004 stellvertretender Datenschutzbeauftragter in Bremen , für das Grundrechtekomitee.

 

Eine Untersuchung der Gefahren einer zentralen Telematikstruktur durch den IT-Experten Rolf D. Lenkewitz, die letztlich alle Anwendungen und Daten  in den Praxen, Krankenhäusern, Apotheken vereinheitlicht und in einem "Mega-System" aufsaugt führt zu der Aussage:

 

"Die Auswertungsmöglichkeiten aller Daten unserer Existenz, inkl. der medizinischen Daten, erzeugt einen Angriff auf unsere Freiheit und Selbstbestimmung, wie er nie zuvor in der Geschichte zu verzeichnen war."

Als Antwort auf diese Gefahren wird die Verteidigung der Grundrechte und als Alternative ein dezentrales Systems gefordert.

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In den folgenden Jahren nimmt die Umsetzung nicht so recht Fahrt auf, erst im Zeitraum 12/2016 bis 07/2017 wird eine Erprobungsphase mit 500 Praxen und 6 Krankenhäusern in der Testregion Nordwest (NRW,Rheinlandpfalz) durchgeführt und dann soll , gesetzlich geregelt durch das eHealth-Gesetz ,spätestens zum 01.07.2018 und dann wieder verschoben zum 01.01.2019 jede Gesundheitseinrichtung an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen sein mit Konnektor in den Praxen und eHealth-Terminal als dezentrale Komponenten der Telematikinfrsatruktur.

Im Hintergrund war die gematik ab 2015 neu aufgestellt worden: Kassenärztliche Bundesvereinigung und Bundesärztekammer wurden u.a. aus der Gestaltungsverantwortung für Anwendungen wie Notfalldatensatz und elektron. Fallakte herausgenommen und die Entwicklung der Telematikinfrastruktur im Fachportal der gematik mit Spezifikationen und Produktsteckbriefen technokratisch dargestellt.

Seitens des oberbergischen Hausärzteverbandes forderten wir , dass kein online-Rollout stattfinden dürfe ohne Veröffentlichung und kritische Würdigung des Evaluationsberichts zu den Ergebnissen der Erprobungsphase, wie es in einer Rechtsverordnung vorgeschrieben war, und brachten den Antrag als nordrheinischen Antrag in die Bundesdelegiertenversammlung ein.

 

Im April 2018 überstürzten sich dann die Ereignisse:

Minister Laumann erklärte die gematik für gescheitert, das Evaluationsgutachten geriet in die Öffentlichkeit mit den Fragen zu den Konsequenzen und in einem Interview in der FAZ am 07.05.2018 rückte Gesundheitsminister Spahn von der elektronischen Gesundheitskarte als veraltetem System ab und will neue Lösungen.

 

Beim Deutschen Ärztetag in Erfurt (08.05.-11.05.2018) kommt es zu mehreren Beschlüssen zum Thema Telematik/eGK , die die gesamte Breite der Kritik und der Konsequenzen darlegen.

 

Am 17.05.2018 setzt Minister Spahn die bislang geltende eGK-Testverordnung außer Kraft, die ausführliche Testungen und Evaluationsberichte für die Anwendungen der EGK vorschrieb. Ab jetzt werden nur noch Testungen im Umfang von ca. 15% des bisherigen Testumfanges durchgeführt und auch nur zeitlich eingeschränkt (8 Wochen) und ohne unabhängige Evaluationsberichte !

 

Das BMG stellt in der Folge jedoch klar, dass es an der Telematikinfrastruktur festhalten will, aber auch andere Möglichkeiten prüfen will. Nach Angabe der KVNO lässt sich Minister Spahn wie folgt zitieren:

„Wir werden nicht alles über den Haufen werfen, die bisher investierte Milliarde in die Telematik-Infrastruktur war nicht vergebens. Denn wir brauchen in jedem Fall ein sicheres Netz, an dem alle Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken angeschlossen sind. Und für die Infrastruktur müssen die Arztpraxen auch in jedem Fall mit dem Konnektor ausgestattet werden. Was offen ist und was ich überprüfen werde, ist die Frage, wie der Zugang zu dieser IT-Infrastruktur gestaltet wird. Die elektronische Gesundheitskarte bleibt dabei eine Lösung. Aber sie ist nicht die attraktivste für Patienten. Denn die wünschen sich einen schnellen, einfachen und sicheren Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten – am liebsten per Handy und nicht über den Desktop zu Hause. Das sollten wir auch ermöglichen.“

 

Am 10.06.2018 gibt der Vorstand des oberbergischen Hausärzteverbandes folgendes Statement ab:

 

-Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI) und offene Fragen


-Wer garantiert die Betriebsstabilität und haftet für Ausfälle?


-Die Testphase wies gravierende Interoperabilitätsprobleme und Systemabstürze nach (Evaluationsgutachten der gematik) und auch der einzige bislang zugelassene Konnektor
führt nach vorliegenden Berichten zu Problemen und Systemabstürzen in den Praxen


Praxen, die sich aktuell an die TI anschließen lassen unter dem Druck fallender Kostenzuschüsse und Angst vor Sanktionen,
kaufen eventuell die Katze im Sack ein mit ungeahnten Folgen und Folgekosten, auf denen sie sitzenbleiben.

Wir raten dazu, vor Bestellung sich eine Konformitäts- und Garantieerklärung abgeben zu lassen (s. Anlage).

Zu beachten ist, dass Hersteller von dezentralen TI-Komponenten (EHealth-Terminal, Konnektor und TI-Modul) und -vertreiber
meistens nicht identisch sind.

Der einzige bislang zertifizierte Konnektor ist von der Fa. CoCoBox GmbH hergestellt, welche  die Fa. CompuGroup Medical als einzigen
zertifizierten Vertreiber betraut hat (s. Veröffentlichungen der gematik und von der CoCoBox GmbH).

Die Zulassung des unklar variierten Testkonnektors mit der Produkttyp-Nr.   1.3.4:2.0.0 (es wurde kein Produktsteckbrief veröffentlicht) für den Produktivbetrieb erfolgte im November 2017, während
das Evaluationsgutachten zur Testphase mit Hinweisen auf hohe störanfälligkeiten und Handlungsbedarfe erst Ende Januar 2018 von der
gematik veröffentlicht wurde. Erst in der Folge wurden Produktsteckbriefe und damit Anforderungsprofile für Konnektoren für den Produktivbetrieb veröffentlicht.
Konnektoren, die diese Produktsteckbriefe erfüllen (und damit auch erweiterte Anforderungen an "Security-Tasks" und TI-Einwahl), sind noch nicht zugelassen und müssen nach den neuen Anforderungen nur noch einen eingeschränkten Feldtest in 70 Praxen über 8 Wochen nach den Sicherheitstests im BSI durchlaufen, ehe sie für den Produktivbetrieb zugelassen werden.

Minister Spahn hat am 17.05.2018 per Federstrich die bis dato geltende eGK-Testverordnung gekippt mit der Konsequenz, dass nur noch sehr eingeschränkte und nicht durch Evaluationsgutachten begleitete Tests durchgeführt werden. Deshalb stellt sich auch hier die Frage, ob die Interoperabilität ausreichend getestet wird und Gegenstand von Garantieleistungen sein kann.

Die Gesellschafter der gematik (GKV-Spitzenverband und ärztliche Körperschaften: KBV und BÄK, KZBV) schweigen dazu oder behandeln nur Finanzierungsfragen, während der
Deutsche Ärztetag klare Beschlüsse gefasst hat u.a. zu notwendigen Garantieleistungen .

Die gematik wiederum verweist zu allen ärztlichen Fragen an die KVen und Ärztekammern.

Ein vorformuliertes Schreiben für eine Konformitäts- und Garantieerklärung befindet sich im Anhang.

Zur aktuellen Presse-Mitteilung des Hausärzteverbandes Nordrhein s. hier.

Weitere Informationen gerne beim Vorstand des oberbergischen Hausärzteverbandes.

 

 

 

 

Stand 10.06.2018

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