Hausarzt-News Oberberg 04.10.2019
TSVG : Mehr Termine für Patienten?
Die KV ist zur Umsetzung über die Terminservicestellen verpflichtet. Ein Überblick über die
"TSVG-Konstellationen".
Für Hausarztpraxen im EBM-System nur interessant: "Neupatient" und "Organisation von Facharztterminen" innerhalb von 4 Tagen.
Gemeldet werden müssen nach dem Gesetz nur "freie" Termine. Diese dürften in einer Versorgerpraxis mit großem Patientenstamm lange zu suchen sein.
Gibt es mehr Termine? In den kritischen hausärztlichen Versorgungsgebieten sicherlich nicht. Die HZV-Praxen versorgen gem. Vertrag mit den Patienten diese in eigener Terminhoheit.
Rückmeldungen von Facharztpraxen zu "offenen Sprechstunden" und Terminvergaben liegen nicht vor.
Hausarztverträge : In der HZV sichere Abwicklungen
Die sog. Hausarztverträge der KV als Add-on-Verträge wurden von der Aufsicht nicht geduldet, da Diagnosen honoriert wurden .
Den Hintergrund stellt der Kampf um Zuwendungen aus dem Risikostrukturausgleich dar. Das gesamte Gesundheitswesen wird auf der Basis von Krankheitsdiagnosen finanziert , die im Kern den "Mehrwert" der Wertschöpfung von über 1 Mrd. Euro pro Tag ausmachen.
Krankenkassen erhoben Manipulationsvorwürfe untereinander und wurden gleichzeitig zum Objekt staatsanwaltlicher Ermittlungen. Manipulationsvorwürfe gegen Ärzt*innen konnten nicht nachgewiesen
werden und werden vom Hausärzteverband entschieden zurückgewiesen. HZV-Verträge in eigener Hand wurden hinsichtlich der Chroniker-Ziffern angepasst und laufen rechtssicher weiter . Dazu s. Infos der
HÄVG und des Hausärzteverbandes. Die teilnehmenden Praxen haben Planungssicherheit und höhere Umsätze. Der Hausärzteverband Nordrhein ist über seine Service-Gesellschaft engagiert in der
Mitarbeiterqualifizierung.
https://www.servicegesellschaft-hausarztpraxis.de/
Telemedizin
Viele Kolleg*innen sind zu telemedizinischen Verfahren skeptisch und zurückhaltend, wie Diskussionen im QZ zeigten.
Telemedizinische Leistungen werden inzwischen vergütet, sind aber schwer in der Versorgung unterzubringen.
Neueste Trends: Pflegedienstmitarbeiter werden geschult und übermitteln vom Point-of-care im Pflegeheim Vitaldaten und Assessments über eine Kommunikationsplattform in Arztpraxen, die ggfs. eine
Video-Visite durchführen.
Die Investitionen liegen dabei in den Pflegeeinrichtungen, während Arztpraxen nur Softwareimplementierungen benötigen und Schulungen.
Dieses passiert bereits in Sachsen-Anhalt und Thüringen über das KV-Safe-Net. Alle Verfahren müssen jedoch neu zertifiziert werden, da die Telematikinfrastruktur tangiert wird und die gematik
als neuer digitaler Dienstleister und Zertifizierer durch das BMG installiert wird.
Einzelheiten haben wir erfahren durch die Reaktionen auf ein von der KVNO erbetenes Konzeptpapier auf dem Hintergrund einer MAGS-Förderung zur Telemedizin. Berührt ist auch offensichtlich das vom Oberbergischen Kreis initiierte Innovations-Projekt OberbergFAIR_sorgt, welches sich unter laufend wechselnden Rahmenbedingungen jetzt mit einem Projekt-Management weiterentwickelt.
Die Position des oberbergischen Hausärzteverbandes ist klar: Wir werden die Anwendungen unter dem Aspekt der Einbindung in die Praxisabläufe bewerten , in den QZ einbringen und in Falldarstellungen einen möglichen Mehrwert erörtern oder Kritikpunkte aufzeigen.
Ein zuverlässiger patientenbezogener Austausch via Telemedizin hat die Chance, unnütze Wege zu ersparen und schnellere Entscheidungen zu treffen. Telemedizinische Heimverträge gibt es noch
nicht.
RuFOS
Ein vom Hausärzteverband eingerichtetes anonymes Meldesystem zu Fehlern und anderen Auffälligkeiten ist RuFOS. Unser Dank gilt dem Kollegen Jens Wasserberg vom Vorstand des Hausärzteverbandes, der es
eingerichtet hat.
Melden Sie bitte auch, wenn Medikamente außer Vertrieb sind. Der Umfang in der Versorgung wird nur durch Hausarztpraxen dargestellt werden können.
https://www.rufos.eu/wide/index.html#/start_2
Klimawandel/ Klimakrise
Der Vorsitzende des oberbergischen Hausärzteverbandes wurde von der DEGAM vorgeschlagen und inzwischen vom Vorstand der BÄK in eine 6-er AG zur Vorbereitung des DÄT 2020 zum Schwerpunktthema
"Klimawandel und Gesundheit" berufen. Ebenfalls wird eine AG bei der DEGAM nach einem Workshop bei der Jahrestagung in Erlangen gegründet in Zusammenarbeit mit dem neu gewählten Vorstand der
DEGAM.
Zusammen mit einem österreichischen Kollegen wurde ein Workshop beim K3-Kongress in Karlsruhe gestaltet: "Vom Wissen zum Handeln".
Wir haben uns beim Globalen Klimastreik am 20.09.19 als "HealthForFuture" beteiligt. 1200 Teilnehmer*innen bildeten die größte Demonstration in der jüngeren Zeit in Gummersbach, die von Fridays-For-Future Oberberg organisiert wurde.
Um Klima-Kommunikation wird es auch beim nächsten Netzwerktreffen zum Klimavorsorgeportal des Umweltbundesamtes gehen. Im November wird der Vorsitzende des oberbergischen Hausärzteverbandes beim "Nationalen Dialog" des BMU sprechen.
Haben wir noch viel Zeit ? Nein, überhaupt nicht !
Entweder erreichen wir in einer engagierten Energie-, Verkehrs- und Agrarwende und nachhaltigem Ökomanagement mit entsprechenden Investitionen und vorausschauendem Mut den Ausstieg aus der
Emissionsgesellschaft oder die Rechnung wird ab 2035 ( Überschreiten der 1,5-Grad-Marke) für alle nachfolgenden Generationen bei schrumpfenden Lebensgrundlagen und steigenden Extremwetterereignissen
präsentiert in teilweise tödlicher Dimension.
Für die Ärzteschaft wird es wichtig sein, sich aktiv aufzustellen wie bereits in vielen Ländern und für das 1,5-Grad-Ziel einer maximalen Erderhitzung einzutreten.
Im November wird es eine Veröffentlichung der Lancet-Commission zu "Klimawandel und
Gesundheit" in Berlin geben.
Wer noch zweifelt, dass wir uns auf ein 6. Massensterben wahrscheinlich noch in diesem Jahrhundert in der Geschichte des Planeten zu bewegen ( das letzte war vor 66 Mio. Jahren) , kann die aktuelle
Veröffentlichung von 1.000 Wissenschaftler*innen nach 10 Jahren weltweiter Feldforschung zu den Carbon-Cyclen seit 500 Mio. Jahren und den massiven Auswirkungen der auf fossilen Brennstoffen fußenden
Zivilisation lesen, dem Bericht des Deep Carbon Observatory:
https://www.bbc.com/news/science-environment-49899039
https://deepcarbon.net/about/organization
Aktuell ist das massenweise Artensterben im Welt-Umweltbericht (GEO-6) vom März 2019 dargestellt, veröffentlicht im Rahmen der Welt-Umweltkonferenz mit 5.000 delegierten aus 193 Ländern. Treiber für die Entwicklungen sind die Klimaveränderungen, Habitatverlust und Pestizide.
Diese Graphik zum Artensterben in der entwicklung von 1970 ist dem o.a. Bericht entnommen und zwar aus der Zusammenfassung für Politiker:
Wir planen, auch für den Hausärzteverband die beschlossene Agenda auf verschiedenen Levels zu konkretisieren. Die britischen und kanadischen Kolleg*innen haben bereits Tools dazu mit Erfolgskontrollen auf den Weg gebracht.