HAUSARZT-NEWS OBERBERG JUNI 2014
Vertreterversammlung der KVNO am 27.06.2014
Geballte Kritik am neuen Hausarzt-Strukturvertrag der KVNO mit der AOK Rheinland:
Keine Vergütungen mehr für hausarzttypische Leistungen wie Hausbesuche und Zuschläge zu jedem Behandlungsfall, sondern
selektive diagnoseabhängige Zuschläge (4,50 Euro bei 3 Diagnosen: Koma, Dialysestatus und myloische Leukämie !).
Der 2. Vorsitzende der KVNO Herr Brautmeier gab in seiner Darstellung zu, dass "Nachbesserungen"
erforderlich seien. Auf die Frage, warum der KVNO-Vorstand einen solchen Vertrag überhaupt unterschrieben habe, antwortete Herr Brautmeier, dass man das Gesamtvolumen von 14 Mio. Euro pro Jahr für
diesen Vertrag nicht habe ausschlagen wollen.
Fakt ist, dass die Hausarztpraxen, die noch auf diesen Vertrag setzten, erst 14 Tage vor Ablauf des alten Vertrages über diese
Änderungen informiert wurden, obwohl die Kündigungsfrist zum 30.06.2014 durch die AOK Rheinland 3 Monate betrug.
Wie den Äußerungen des KVNO-Vorstandes zu entnehmen war, hat die AOK Rheinland den alten Vertrag einseitig gekündigt
und den neuen als Nachfolgevertrag angeboten, der über die endstellengesicherten Diagnosen der Krankenkasse Einnahmen
aus dem Gesundheitsfonds sichert. Für die Zuschlags-Pauschalen, zumeist 2,20 Euro, verpflichten sich die beteiligten
Hausarztpraxen für umfangreiche Maßnahmen an Qualitätssicherung, Hausbesuche und QZ-Teilnahme.
Heftig attackiert wurde dieser Vertrag im ersten Redebeitrag durch den stellvertretenden Vorsitzenden der Vertreterversammlung
Ziskoven, der diesen vertrag als "unverschämt" bezeichnete, sich dann allerdings in die Zusage der AOK Rheinland rettete, dass die 14 Mio. Euro auf jeden Fall eingesetzt werden sollten.
Es ist noch anzumerken, dass die aufgeführten Pauschalen nur bei Vorliegen einer der in der Anlage des Vertrages aufgeführten Diagnosen greifen.
Das Einschreiben der Patienten führt bei vielen dann zum Ausschluss von anderen Selektivverträgen und bindet sie an den AOK-KVNO-Strukturvertrag ohne Leistungsvergütung bei Fehlen der Voraussetzungen
!
Mit dem Auslaufen des alten Hausarztstrukturvertrages KVNO-AOK zum 30.06.2014 steht somit allen Hausarztpraxen ohne Kündigung der Weg
in die Hausarztzentrierte Versorgung zwischen Hausärzteverband und AOK Rheinland/Hamburg offen, der bereits jetzt für eine Einzelpraxis
einen deutlich höheren Fallwert beinhaltet bei erwarteten weiteren Zahlungen in Abhängigkeit vom abschließenden und eingeleiteten Schiedsverfahren.
Anmerkung: die AOK Rheinland gab gem. ihres letzten veröffentlichten Finanzberichts von 2012 399,30 Euro pro Versicherten für die
ambulante Ärztliche Versorgung aus, die AOK Baden-Württemberg dagegen 511 Euro ( + 27 v.H.).
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Baustelle EBM-Reform:
Die Verwerfungen und die Honorarverluste wurden durch den Vorstand dargestellt. Auch hier wird jetzt auf Nachbesserungen (Chroniker-Pauschale u.a.)
gehofft. Aktuell wird ab 01.07.2014 die Ziff. 03221 beim 2. Arzt-PAtienten-Kontakt im Quartal der Ziff. 03220 zugesetzt, welche nicht gestrichen werden muss. Die Ziff. 03221 ist mit 4,05 €
beziffert.
Mit der mit den Krankenkassen ausgehandelten Honorarsteigerung von 78 Mio. Euro für 2014 bleibt Nordrhein mit Westfalen-Lippe weiterhin
Schlußlicht in Deutschland hinsichtlich der pro Versicherten gezahlten Gelder für die ambulante medizinische Behandlung.
Damit sind auch im Jahr 6 nach der katastrophalen EBM-Reform 2009 und im Jahr 2 der regionalen Honorarverhandlungen keinerlei Annäherungen an eine Konvergenz erreicht.
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Sachverständigen-Gutachten zum Gesundheitswesen (SVR)
Explizit untersucht das in der vergangenen Woche veröffentlichte Gutachten des Schverständigenrates
eine bedarfsgerechte Versorgung und mögliche Maßnahmen zur Abwendung einer hausärztlichen Unterversorgung in den
ländlichen Regionen.
Der SVR schlägt bereits bei einem Versorgungsgrad von unter 90% kräftige Zuschläge (50%) auf die hausärztlichen Leistungen vor
und beziffert dieses für ca. 10% der Hausarztpraxen , die in solchen von Unterversorgung bedrohten Regionen niedergelassen sind.
Ebenfalls schlägt der SVR bei einem Versorgungsgrad von unter 50% einen Übergang des Sicherstellungsauftrages an die Krankenkassen vor:
"Wenn eine KV dem Sicherstellungsauftrag für die ambulante Versorgung nicht nachkommt bzw. nachkommen kann, geht dieser (ggf. regional oder fachlich begrenzt)
an die Krankenkassen über, die die dafür vorgesehene Vergütung aus dem Kollektivvertrag zurückbehalten. Dieser (partielle) Übergang des Sicherstellungsauftrages ist gegeben, wenn die
KV nicht mehr mindestens 50 % des Versorgungsbedarfs in einem
Zulassungsbezirk oder einem regionalen Planungsbereich sicherstellen kann. Die Krankenkassen müssen selbst die erforderliche Infrastruktur schaffen."
http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=529
Der Vorsitzende der KVNO Potthoff richtete seine Kritik am Gutachten explizit auf diesen Punkt: "Wie wollen die
Kassen das denn besser machen?"
Die Kernaussage im SVR lautet indessen, das bereits bei einem Versorgungsgrad von unter 90% erhebliche finanzielle Zuschläge erfolgen sollen, die zu einem durchschnittlichen Fallwert von 75 bis 82
Euro führen würden (diese sind in den HzV-Verträgen teilweise erreicht) . Mit einem solchen Fallwert kann nach eigenen Ermittlungen bei einer 40 Stunden-Woche ein Arztgehalt von jährlich ca. 126.000
Euro finanziert werden.
Letztlich bestätigt das SVR-Gutachten, dass zur Aufrechterhaltung einer hausärztlichen Versorgung in den Landkreisen das Honorar deutlich
angehoben werden soll und widerlegt damit auch von der Kreisstelle der KVNO im Oberbergischen gerne getätigte Verlautbarungen, dass eine Hausarzttätigkeit wenig mit Geld zu tun habe. Auch für eine
bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss ein entsprechendes Gehalt/Honorar
vorhanden sein.
Der SVR setzt sich für Stärkungsmaßnahmen bereits bei einem Versorgungsgrad zwischen 75 und 90 % ein.
Wir hatten selbst die deletären Folgen auf das gesamte Versorgungssystem bei Wegfall von 25% der Hausarztpraxen beschrieben ("Domino-Effekt").
Dass bei einer zusammengebrochenen Versorgung der Sicherstellungsauftrag auf die Kassen übergeht ist folgerichtig, da zu einem solchen Zeitpunkt die Zahlung der Gesamtvergütung mit befreiender
Wirkung an die KV nichts mehr bringt und die Gewährleistung der Sicherstellung zusammengebrochen ist.
Gummersbach, Lindlar den 30.06.2014
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