HAUPTSTADTKONGRESS ohne Hausärzt*innen und ohne Berücksichtigung des Primärbereichs bei den kritischen Herausforderungen
Der Hauptsatdkongress mit dem Who is Who der Gesundheitswirtschaft wurde heute in Berlin eröffnet . Bei der Eröffnungsveranstaltung unter dem Titel: "Corona,Klima,Krieg: Krisen belasten das Gesundheitswesen" sprach der Gesundheitsminister ein Grußwort aus Leipzig von der Gesundheitsministerkonferenz und kündigte an, langfristig Strukturen mit "nachhaltiger Wirkung" zu verbessern und verstärkt wissenschaftliche Erkenntnisse mehr in die Politik einzubringen. Die Krankenhausversorgung solle bedarfsgerechter gestaltet werden,"indem wir Leistungen womöglich stärker ambulant einbringen."
Dann ging es um Infektionsschutzgesetz, die brutale Situation im ukrainischen Gesundheitswesen , wo bislang 700 Gesundheitseinrichtungen von den russischen Truppen angegriffen und 115 völlig zerstört wurden, und der notwendigen Unterstützung und einer Betrachtung des Lebens im (Dauer-)Krisenmodus durch den Leiter des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin am Universitätsklinikum Tübingen. Epidemien wurden dabei als schicksalshaft dargestellt und Kriege im Unterschied als menschengemacht.
Dass die jetztige Pandemie nicht verhindert wurde, was im Januar 2020 möglich gewesen war ( s. Bericht einer unabhängigen Kommission für die WHO 2021) und das Versagen im politisch-administrativen Bereich weltweit beleuchtet, wurde nicht gesehen und erwähnt, ebenfalls nicht die größte Krise in diesem Jahrhundert, die menschengemachten Veränderungen im Klima-System des Planeten mit zunehmender Destabilisierung der Lebensgrundlagen.
In den resultierenden besonderen Lagen und Gesundheitsgefährdungen mit Extremwetterereignissen, Anstieg der nicht-übertragbaren Erkrankungen, Zoonosen, Allergien usw. sind die Frontliner im Bereich der Primärversorgung, also die Hausarztpraxen und Teams entscheidend, spielen aber beim HSK 2022 offensichtlich keine Rolle. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und unseren Bereich möglichst gut organisieren sowie durch den Verband darstellen.
Die inhaltlichen und strategischen Positionen dazu wurden in den vergangenen Monaten stetig weiterentwickelt.
Hitzewellen als lebensgefährliche Ereignisse
In zunehmenden Hitzewellen als Extremwetterereignisse durch die menschengemachten Veränderungen im Klima-System sind seit 2000 bereits ca. 80.000 Menschen vorzeitig in Deutschland verstorben. Die Risiken sind in altersabhängigen und durch Krankheit und Medikation definierten Gruppen deutlich erhöht. Die Hitzeexposition bei starker und extremer Wärmebelastung führt kombiniert zu zytotoxischen, pro-inflammatorischen und dysregulatorischen Effekten mit mehreren Organen als Angriffsorte. In Frankreich wird ab einer gefühlrten Temperatur von 38 Grad eine maximale Alarmierung des Katastrophenschutzes und des GEsundheitswesens durchgeführt. Zur aktuellen Hitzewelle in Paris wurde in den hiesigen Medien nicht über die kollektiven Schutzmaßnahmen berichtet: Über 1.000 kühle Zufluchtsorte, geflutete Bassins, Wassersprenkleranlagen und mobile Trinkbrunnen, Nachbarschaftshilfen mit Kontaktaufnahmen zu bedrohten Personen.
In Deutschland sind wir bislang organisatorisch unvorbereitet, obwohl Rahmenempfehlungen auf dem Tisch liegen. In den Beschlussfassungen des DÄT 2021 forderte die Ärzteschaft lebensrettende Hitzeaktionspläne und diese können auch in Praxen und Krankenhäusern so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden.
Kreiskrankenhaus Gummersbach liegt in sonnenexponierter Lage auf einer Anhöhe mit dunkler Fassade. Im vergangenen Juni wurden Raumtemperaturen von 34 Grad berichtet. In den obersten Etagen werden Frischoperierte, geriatrische Patienten und Neugeborene betreut, sämtlich Risikogruppen bei Hitzeexposition.
Bei pflegbedürftigen bettlägerigen MEnschen steigt die Sterblichkeit während einer Hitzewelle um das 3,6 fache (nach Bouchama, WHO 2008), ebenfalls bei psychisch Kranken mit neuroleptischer Medikation, bei opiatpflichtigen Schmerzpatienten und um das 2fache bei Herz-Kreislauf-Krankheiten. Im Hitzestress wird das Herz-Kreislauf-Volumen verdreifacht , was bei vorgeschädigten Organen und die Thermoregulation beeinflussenden Medikamenten zu früherer Organdekompensation und kritischer Hyperthermie führen kann. Gesundheitsberufe geraten selbst unter Hitzeexposition in Risikosituationen. Ein Rettungseinsatz von 20 Min. Dauer in einem überhitzten Gebäude mit über 35 Grad Innentemperatur erfordert anschließend eine Erholungszeit von 45 Minuten in kühlerer Umgebung (unter 28 Grad) bei gleichzeitig stark ansteigender Einsatzfrequenz. Diese Szenarien stellten sich bei der Hitzewelle 2015 , welche die gesamte Fläche der Bundesrepublik einnahm und zu extremer Wärmebelastung führte, mit Daten von AOK-Versicherten in 8 Regionen dar, darunter auch der Oberbergische Kreis, in einer Studie der Uni Duisburg-Essen im Auftrag des BMG . Die Exzessmortalität pro Hitzewelle wird mit 8-15 Prozent angenommen.
Was zu tun ist, ist Gegenstand von Fortbildungen und Vorträgen von Mitgliedern der DEGAM, von Klimawandel und Gesundheit e.V. und Gesundheitswissenschaftler*innen in Zusammenarbeit z.B. mit der Uni München.
Ich empfehle dazu die Veröffentlichungen auf folgenden Seiten, die Sie mit Ihren Teams nutzen können:
https://www.klima-mensch-gesundheit.de/ (BzGA u.a.)
https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-052.html (Hitzeassoziierte Erkrankungen in der Hausarztpraxis)
https://youtu.be/teK97daRXPc (Planetary Health Academy vom 08.06.22 zu hitzebedingtem Gesundheitsschutz mit Beiträgen von Prof. A. Matzarakis (DWD), Dr. Ralph Krolewski und Dr. Martin Herrmann (KLUG))
https://www.hausaerzte-oberberg.de/klimawandel-und-gesundheit/hitzewellen/
Hausarztpraxen in Oberberg wurden während der Hitzewelle 2015 um 50 v.H. mehr Patienten aufgesucht im Vergleich zu einem Vor- und Nachbeobachtungszeitraum.
Hitzeaktionsmaßnahmen folgen der Notwendigkeit einer überfälligen Anpassungsstrategie. Bei Verfehlen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens werden die Gesundheitssysteme hinsichtlich der notwendigen Anpassungsmaßnahmen zunehmend überfordert sein und nach 2050 kollabieren. Diese möglichen Szenarien sind umfangreich in den wissenschaftlichen Reports des von den Regierungen berufenen Weltklimarates und der WHO dargestellt.
Anschluss an das Warnsystem des DWD und Risikowahrnehmung sowie organisatorische Anpassung sind erste Schritte zur Gefahrenminderung in Hausarztpraxen und Information der Risikogruppen mit Flyern des Umweltbundesamtes und DWD, gut verständlich formuliert. Weitere Infos gerne bei uns.
Ralph Krolewski
HÄVNO
DEGAM
WONCA
KLUG e.V.
Beirat der Landesregierung NRW zu Klimaanpassung
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