HITZE-NEWSLETTER des oberbergischen Hausärzteverbandes Heute vormittag kam vom DWD eine Hitzewarnung ab dem 25.06.2019 für den Oberbergischen Kreis: Mehr als zwei Tage in der Folge Temperaturen > 30 Grad und fehlende Nachttemperaturabsenkung. Bei Hitzewellen steigen Erkrankungen und Exzess- Mortalität an. Besonders gefährdet: Kleinkinder Senioren Patienten mit KHK,Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Lungenemphysem,COPD, psychischen Erkrankungen. Die durchschnittliche Mortalität erhöht sich während einer Hitzewelle um 8-12 %, bei Hochbetagten versterben ungeschützt 300 von 100.000. Die Entwicklungen hängen ab von Ausmaß und Dauer einer Hitzewelle. Seit 2010 nehmen im Rahmen der Klimakrise die Häufigkeit und Intensität zu. Die ersten Zahlen von 2018 (18 Hitzetage im Frankfurter Raum) liegen vor und wurden vom RKI veröffentlicht: Schätzung der Zahl hitzebedingter Sterbefälle und Betrachtung der Exzess-Mortalität; Berlin und Hessen, Sommer 2018 Basismaßnahmen können sofort über Hausarztpraxen auf vulnerable Gruppen kommuniziert werden. Damit übernehmen Hausarztpraxen als "Frontliner" eine wichtige Funktion. Wir haben die Basis-Ratschläge auf unerser Homepage zusammengefasst. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Betrachtung von Medikamenten, die bei Hitzeexposition problematisch sein können. Dazu ebenfalls eine Listung auf der Homepage: https://www.hausaerzte-oberberg.de/aktuelles/ Im Fokus der Risikobetrachtung stehen alleinstehende Senioren . Hier kann eine familiäre und nachbarschaftliche Fürsorge hilfreich sein und ebenfalls bürgerschaftliches Engagement in den Stadtteilen("Hitzepaten"). Tätigkeiten im Freien sind risikobehaftet. Auf Baustellen werden bereits "Kühlcontainer" bereitgestellt. Im Rahmen kommunaler Hitzeaktionspläne wird zur Gefahrenabwehr ebenfalls die Bereitstellung von Schutzräumen eine Rolle spielen, mobile Trinkbrunnen usw. Wenn sich Hitzewellen zu Großschadensereignissen auswachsen, was im Rahmen der zunehmenden Klimakrise auftreten kann, werden Rettungsdienst und Ärztlicher Notdienst vor neue organisatorische Herausforderungen gestellt werden bei gleichzeitiger Hitzebelastung der Einsatzkräfte. In Hitzeszenarien lässt die Arbeitskraft um ca. 30 Prozent nach bei gleichzeitig hohem Arbeitsanfall. Auch auf institutioneller Ebene (Arztpraxis, Pflegedienst, Pflegeeinrichtung,Krankenhaus) werden organisatorische und technische Maßnahmen zur Schadensminderung getroffen werden müssen. Alle diese Entwicklungen sind den massiven Klimaänderungen geschuldet, die sich durch den erhöhten Strahlungseffekt der in der Atmosphäre gelagerten CO2-Massen seit 1851 vowiegend durch die Industriestaaten(82 Prozent Anteil) ergeben und zu einer bisherigen Erhöhung der Erdtemperatur von 1 Grad Celsius geführt haben. Damit diese Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzt wird, beträgt das Rest-CO2-Budget weltweit noch ca. 390 Gt CO2 durch fossile Verbrennungen bei aktuell 41 Gt jährlich. Die aktuellen Klimaschutzempfehlungen lauten, die Wärmestrahlung pro m2 auf 2,6 Watt über dem vorindustriellen Level zu begrenzen, um bei maximal 450 ppm CO2 in der Atmosphäre das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Aktuell sind wir noch auf dem RCP-8,5-Scenario ("Weiter-So-Scenario"), was noch in diesem Jahrhundert eine solche Heißzeit bescheren wird, dass die Erdsysteme instabil werden, Extremwetterlagen die Erde beherrschen, die Nahrungsgrundlagen schrumpfen und große Teile Afrikas und Zentralasiens sowie die Küstenregionen unbewohnbar würden. Die Bank von England (CEO Sarah Breeden im April 2019) beziffert die Schäden in einem solchen Szenario auf 10 Billionen Dollar bei Bedrohung der Finanzwirtschaft, die dann auch die ökologische Katastrophe nicht mehr beherrschen kann. Was dann von einem Gesundheitswesen übrig bleibt, ist fraglich. Es ist also dringend geraten, eine schnelle Decarbonisierung und eine Transformation in den Bereichen Energie,Verkehr, Gebäude, Agrarwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion herbeizuführen, deren Kosten mit 2 Prozent GDP beziffert werden für den Benefit einer lebenswerten Zukunft. Die 40 größten Städte weltweit ("40Cities") mit 800 Mio. Einwohner*innen, koordiniert durch die Bürgermeisterin von Paris Anne Hidalgo, sind schon auf dem Transformationspfad. Dieser wurde durch den Weltklimarat im Oktober 2018 im 1,5 Special Report für Politiker folgendermaßen charakterisiert (Punkt C.2): "Pfade, welche die globale Erwärmung ohne oder mit geringer Überschreitung auf 1,5 °C begrenzen, würden schnelle und weitreichende Systemübergänge in Energie-, Land-, Stadt- und Infrastruktur- (einschließlich Verkehr und Ge bäude) sowie in Industriesystemen erfordern (hohes Vertrauen). Diese Systemübergänge sind beispiellos bezüglich ihres Ausmaßes, aber nicht unbedingt bezüglich der Geschwindigkeit, und setzen einschneidende Emissionsminde rungen in allen Sektoren, ein breites Portfolio von Minderungsmöglichkeiten und ein bedeutendes Anwachsen der Investitionen in diese Optionen voraus (mittleres Vertrauen)."
Wer zum Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gesundheit nachlesen möchte, sei auf die aktuelle Veröffentlichung von EASAC zum Thema verwiesen. EASAC ist ein Zusammenschluss der nationalen Wissenschaftsgesellschaften der EU (in Deutschland: Leopoldina): The imperative of climate action to protect human health in Europe